Wann muss die Unfallversicherung zahlen? Reicht die Behauptung oder Feststellung einer Herzerkrankung für die Ablehnung der Versicherungsleistung?
Eine Unfallversicherung zu haben beruhigt normalerweise den Versicherten und seine Angehörigen. Kommt es im Schadensfall jedoch nicht zur Zahlung durch den Versicherer, ist die Verunsicherung groß. Gerade in den Fällen, wo der Versicherte durch einen Unfall verstirbt, sollte man annehmen, dass eine Regulierung durch die Unfallversicherung ohne größere Streitereien vor sich geht. Jedoch sieht die Praxis häufig anders aus.
So auch in dem Fall, den der BGH am 23.11.2011 zum Az.: IV ZR 70/11 entschieden hat. Dort war eine Unfallzusatzversicherung abgeschlossen worden. In den Versicherungsbedingen stand für den Fall, dass der Tod nicht nur durch einen Unfall verursacht worden ist, sondern mindestens zu 25 % Krankheiten oder Gebrechen mitursächlich sind, eine Leistungskürzung entsprechend des Anteils vorgenommen werden soll.
Der Versicherte führte in einem Betrieb Elektroarbeiten aus. Die Ehefrau des Versicherten behauptete, dass er hierbei an ein Kabel gekommen sei, wodurch ein Kurzschluss verursacht wurde und der Versicherte einen Stromschlag erlitt. Hierdurch habe sich der Gesundheitszustand des Versicherten erheblich verschlechtert und er verstarb.
Im Rahmen einer durchgeführten Obduktion wurde als Todesursache ein protrahiertes Herz-Kreislauf-Versagen bei Koronarinsuffizienz angegeben. Außerdem wurde eine hochgradige stenosierende Koronararteriosklerose aller 3 Herzgefäße als Grundleiden und frische suben-dokardiale Myocardinfarkte der Hinter- und Seitenwand des linken Ventrikels beschrieben.
Die Versicherung lehnte Leistungen vollständig ab, da der Tod nicht auf den Unfall, sondern auf die schwere Herzerkrankung zurückzuführen sei.
Der BGH hob die Urteile der Vorinstanzen auf, die von einer nachgewiesenen Mitverursachung durch den Stromunfall ausgingen und eine 50 % Leistungskürzung als Grundlage nahmen, da sie mit überwiegenden Wahrscheinlichkeit von einer Mitwirkung der Herzerkrankung für den Tod ausgingen. Die Versicherung muss jedoch vielmehr den Vollbeweis dahingehend erbringen, dass der Tod nicht nur durch den Unfall sondern auch durch Krankheiten und Gebrechen mitverursacht worden ist, wenn eine Leistungskürzung vorgenommen werden soll. Die Behauptung durch die Versicherung, einer anderen Todesfallursache oder auch die überwiegende, auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit der Mitwirkung einer Erkrankung reicht nicht aus. Da dieser Beweis nur selten erbracht werden kann, sind die Unfallversicherer in allen anderen Fällen zur vollen Leistung verpflichtet.
Rechtsanwalt Ralf Breywisch
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Mitglied Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht