Fabrikneuheit eines Autos – Ist ein Auto noch neu, wenn es Schäden an der Karosserie und am Lack hat? Wer einen Neuwagen in einem Autohaus bestellt, geht davon aus, dass er auch ein ungebrauchtes Fahrzeug bekommt, was frisch aus der Fabrik kommt. Ähnlich ging es auch einem Käufer, der ein Auto bei einem Händler bestellt hatte und dann bei der Abholung des Fahrzeugs beim Händler feststellen musste, dass das Auto bereits Schäden an der Karosserie und am Lack hatte. Der Käufer verlangte Nachbesserung, die jedoch gem. einem vom Käufer eingeholten Sachverständigengutachten nicht ordnungsgemäß war. Der Käufer nahm das Fahrzeug daher mit der Begründung nicht ab, dass es mangelhaft sei. Er trat vom Kaufvertrag zurück und begründete dies damit, dass das Fahrzeug nach dem Nachbesserungsversuch nicht mehr fabrikneu sei. Vor dem Landgericht Bochum wurde der Klage des Käufers stattgegeben. Das OLG Hamm entschied jedoch gegen den Käufer und war der Auffassung, der Käufer hätte sofort die fehlende Fabrikneuheit rügen müssen. Da er jedoch die Nachbesserung verlangt habe, habe er deshalb auf die fehlende Fabrikneuheit verzichtet. Auch seien die Einschränkungen bloß optischer Natur und kaum wahrnehmbar. Der BGH, dem die Angelegenheit zur Entscheidung vorgelegt wurde, sah die Angelegenheit jedoch anders (BGH Urteil vom 06.02.2013, Az: VIII ZR 374/11). Durch die Richter wurde vielmehr festgestellt, dass der Käufer eines Neuwagens grundsätzlich erwarten kann, dass die von ihm verlangte Nachbesserung technisch den Zustand herbeiführt, der dem werksseitigen Auslieferungszustand entspricht. Hiermit verzichtet ein Käufer nicht auf die mit der Neuwagenbestellung vereinbarte Beschaffenheit der Fabrikneuheit des Autos. Kann die vereinbarte Beschaffenheit wie hier nicht durch die Nachbesserung erreicht werden, so kann der Käufer vom Vertrag zurücktreten. Der BGH stellte hierbei besonders darauf ab, dass die vereinbarte Beschaffenheit des Neuwagens ein maßgelblicher Gesichtspunkt bei der Kaufentscheidung ist. Somit ist der Mangel der Fabrikneuheit kein unerheblicher Mangel gem. § 323 Abs. 5 S. 2 BGB. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Käufer eines Neuwagens einen deutlich höheren Preis zahlt, als ein Käufer, der ein nicht mehr fabrikneues Auto kauft. Der Käufer hat somit einen Anspruch auf ein Auto in einem äußerlich perfekten Zustand.
R. Breywisch
Rechtsanwalt u. Fachanwalt für Verkehrsrecht
Mitglied Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des DAV